Berlin, 26. Juni 2017
Das bisherige Niveau des Datenschutzes im Sozial- und Steuerbereich muss beibehalten werden – Keine kontrollfreien Räume in den Finanzämtern !
Nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit bereitet die Bundesregierung gegenwärtig eine weitreichende Absenkung der Datenschutzstandards im Sozial- und Steuerbereich vor. Der Bundestag hat bereits dem Entwurf einer Änderung des Bundesversorgungsgesetzes zugestimmt, in den zuvor nahezu überfallartig in letzter Minute zahlreiche datenschutzrechtliche Regelungen aufgenommen wurden. Der Bundesrat berät voraussichtlich am 7. Juli 2017 abschließend über das Vorhaben. Dr. Alexander Dix, stellvertretender Vorsitzender der Europäischen Akademie für Informationsfreiheit und Datenschutz, zu diesem Gesetzesvorhaben: „Es droht eine deutliche Verschlechterung des Datenschutzes im Sozial- und Steuerbereich sowie eine inakzeptable Ausdünnung der Datenschutzkontrolle in den Finanzämtern.“
Der Gesetzentwurf sieht eine Einschränkung der Informations- und Auskunftsrechte der Sozialleistungsempfänger und Steuerzahler in einem Maße vor, das in zahlreichen Punkten gegen die im kommenden Jahr in Kraft tretende Europäische Datenschutz-Grundverordnung verstößt. Teilweise bleiben die geplanten Bestimmungen sogar noch hinter dem gerade novellierten Bundesdatenschutzgesetz zurück. Statt der behaupteten Anpassung an das Unionsrecht würde eine Verabschiedung des Entwurfs im Gegenteil zu zusätzlicher Rechtsunsicherheit führen, da die betroffenen Bürgerinnen und Bürger ihre weitergehenden Ansprüche nach europäischem Recht häufig erst gerichtlich durchsetzen müssten.
Schließlich will die Bundesregierung die Datenschutzkontrolle in den Finanzämtern bei der Bundesbeauftragten für den Datenschutz zentralisieren. Die Finanzämter sind Behörden der Länder, die bisher – wie alle Landesbehörden – aus gutem Grund und in bürgernaher Weise von den Landesbeauftragten für den Datenschutz kontrolliert werden. Diese föderale Datenschutzaufsicht hat sich bewährt. Wenn die Kontrolle aller deutschen Finanzämter jetzt einer Bundesbehörde übertragen wird, dann drohen kontrollfreie Räume in der Finanzverwaltung, denn selbst bei einer personellen Verstärkung ist nicht zu erwarten, dass eine zentrale Datenschutzbehörde den Beschwerden der Bürgerinnen und Bürger zeitnah nachgehen und darüber hinaus die erforderlichen Kontrollen von Amts wegen gewährleisten kann.
Der Bundesrat sollte diesem Gesetzentwurf seine Zustimmung verweigern.
Kontakt: Dr. Alexander Dix, stv. Vorsitzender (dix@eaid-berlin.de)