28.09.2016: Presseerklärung der EAID zum ersten Internationalen Tag des allgemeinen Informationszugangs

Europäische Akademie für Informationsfreiheit und Datenschutz

Presseerklärung

zum ersten Internationalen Tag des allgemeinen Informationszugangs am 28. September 2016

„Sunlight is said to be the best of disinfectants

Am 17 November 2015 verabschiedete die UNESCO eine Resolution, in der der 28 September als „Internationaler Tag des allgemeinen Informationszugangs“ (International Day for Universal Access to Information) bestimmt wurde. Dieser Tag wird in diesem Jahr erstmals weltweit als Teil der UN-Agenda für nachhaltige Entwicklung begangen. Weltweit sind die Menschen immer weniger bereit, staatliche Entscheidungen hinzunehmen, die hinter verschlossenen Türen vorbereitet und ohne öffentliche Diskussion beschlossen werden. Mangelnde Nachvollziehbarkeit staatlichen Handelns ist auch einer der wichtigsten Gründe dafür, dass viele Wählerinnen und Wähler das Vertrauen in demokratische Institutionen verloren haben. Deshalb liegt eine verbesserte Transparenz im ureigenen Interesse des demokratischen Staats. Von einem der Väter des Datenschutzes, dem Richter am US Supreme Court Louis D. Brandeis, stammt der Satz „Sunlight is said to be the best of disinfectants“ (Sonnenlicht ist das beste Desinfektionsmittel).

Zwar gibt es in fast allen europäischen Staaten inzwischen Gesetze, die den Bürgern dem Grundsatz nach einen freien Zugang zu behördlichen Akten und sonstigen Informationen einräumen. Leider enthalten die meisten Informationsfreiheitsgesetze sehr viele Ausnahmen, die den gerade erst eingeführten Grundsatz der Aktenöffentlichkeit in sein Gegenteil verkehren. So sind die Ausnahmeregelungen des Bundes-Informationsfreiheitsgesetzes sehr weit gefasst und führen bei den staatlichen Stellen zu erheblichem – vielfach entbehrlichem – Aufwand.

Dies nimmt die Europäische Akademie für Informationsfreiheit und Datenschutz zum Anlass, auf folgende Punkte hinzuweisen, in denen Deutschland und Europa im weltweiten Vergleich Nachholbedarf in Sachen Informationsfreiheit hat:

  1. Zwar ist im Rahmen des Europarats schon 2009 der Entwurf einer ersten internationalen Konvention zur allgemeinen Informationsfreiheit (sog. Tromsö-Konvention) erarbeitet worden. Sie tritt allerdings erst in Kraft, wenn 10 Unterzeichnerstaaten die Konvention ratifiziert haben. Bisher liegen erst 9 Ratifikationen vor, die Bundesrepublik Deutschland hat das Abkommen bisher nicht einmal unterzeichnet. Es ist höchste Zeit, dass die Bundesrepublik und andere EU-Mitgliedstaaten dem Beispiel vieler skandinavischer Länder und Balkanstaaten folgen und diese wichtige Konvention ratifizieren. Informationsfreiheit taugt nicht für nationale Kirchturmpolitik, sondern ist ein Anliegen des internationalen Menschenrechtsschutzes.
  2. Die Europäische Union hat mit der Verabschiedung der Verordnung 1049/2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten der EU-Institutionen einen ersten wichtigen Schritt hin zur gebotenen Transparenz und Bürgernähe getan. Seitdem ist allerdings wenig geschehen, um diese Verordnung in der gebotenen Weise an die modernen Gegebenheiten anzupassen. Während die Kommission und die Mitgliedstaaten das Rad in Sachenauf EU-Ebene zurückdrehen wollen, hat allein das Europäische Parlament mehrfach die dringend notwendige Weiterentwicklung des allgemeinen Zugangs zu EU-Dokumenten angemahnt. Blieben diese Forderungen weiterhin unerfüllt, so würde Europa trotz seiner in der Grundrechte-Charta verankerten Garantie des freien Informationszugangs den Anschluss an die internationale Entwicklung vollends verlieren.
  3. Das zeigt sich insbesondere im Bereich der Geheimdienste. Obwohl der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte 2013 in der pauschalen Ausnahme für Geheimdienste von der Geltung der Informationsfreiheitsgesetze eine Verletzung der Menschenrechte gesehen hat, nimmt das Bundes-IFG die Nachrichtendienste gänzlich von dem Informationszugang aus. Dies wiegt umso schwerer, als auch die sonstigen Auskunfts- und Informationsansprüche gegenüber Nachrichtendiensten (z.B. der presserechtliche Auskunftsanspruch und wissenschaftliche Zugang im Rahmen der der historischen Forschung) zu über das notwendige Maß an Geheimhaltung hinaus beschränkt werden. Die insbesondere im Zuge der Aufklärungsarbeit parlamentarischer Untersuchungsausschüsse aufgedeckten Mängel und Verselbständigungstendenzen der Nachrichtendienste belegen, wie wichtig mehr Transparenz und Kontrolle in diesem Bereich sind.

 

V.i.S:d.P.: Dr. Alexander Dix, Europäische Akademie für Informationsfreiheit und Datenschutz, Bismarckallee 46/48, 14193 Berlin