von Peter Schaar (21. März 2024)
Seit letztem Herbst sind wir Zeugen eines unwürdigen Gerangels um die Wahl des oder der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, dessen reguläre Amtszeit Anfang Januar 2024 endete. Der bisherige Amtsinhaber, Prof. Ulrich Kelber, hatte frühzeitig erklärt, dass er für eine weitere fünfjährige Amtsperiode zur Verfügung stehe. Da Kelber sein Amt tadellos ausgeführt hat, was ihm von vielen Seiten bestätigt wird, hätte seiner Wiederwahl eigentlich nichts im Wege stehen dürfen. Das ist aber nicht geschehen und Kelber übt das Amt seit Januar 2024 nur noch kommissarisch aus.
Das Bundesdatenschutzgesetz sieht vor, dass der oder die Amtsinhaber/in auf Vorschlag der Bundesregierung vom Bundestag gewählt wird. Die Frage drängt sich auf, warum es trotzdem kein Selbstgänger war, dass Kelber nicht erneut von der Bundesregierung vorgeschlagen wurde. Schließlich gehört er als langgedienter SPD-Bundestagsabgeordneter und als parlamentarischer Staatssekretär der Partei an, die mit Nancy Faeser das für den Datenschutz fachlich zuständige Bundesinnenministium leitet.
Stand er Vorhaben der Regierung, etwa bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens oder bei der Einführung neuer Überwachungsbefugnisse zu kritisch gegenüber? Oder geht es schlicht um den parteipolitiischen Personalproporz? Genaues erfahren wir nicht.
Medienberichten zufolge liegen die Widerstände gegen die Wiederwahl bei der SPD, die ihr Vorschlagsrecht inzwischen an die kleineren Koalitionspartner abgetreten habe, da der größten Regierungspartei andere Posten wichtiger seien. Sollte dies zutreffen, wäre schon dies ein schlechtes Signal für Datenschutz und Informationsfreiheit.
Dem Vernehmen nach suchen Grüne und die FDP seither nach einer nicht parteigebundenen Kandidat/in für das Amt, augenscheinlich aber bisher ohne durchschlagenden Erfolg. Es ist absolut nachvollziehbar, dass diese Parteien das ihnen zugefallene Vorschlagsrecht für die Besetzung dieser wichtigen Position nicht ohne Not aus der Hand geben wollen. Ich hielte es gleichwohl für eine gute Idee, wenn sie die Wiederwahl Ulrich Kelbers unterstützen würden.
Dies wäre kein Zeichen der Schwäche, sondern der Stärke von FDP und Grünen. Kelber wäre von jedem Zweifel befreit, sein Amt einer bestimmten Partei zu verdanken und könnte in seiner zweiten Amtsperiode den Datenschutz und die Informationsfreiheit in vollständiger Unabhängigkeit weiter voranbringen, wie dies im übrigen auch das Europäische Datenschutzrecht fordert.