Der Auftritt von Mark Zuckerberg vor dem US-Kongress hat deutlich gemacht, dass der Erfinder und Chef von Facebook mittlerweile weitgehend die Kontrolle über seine Kreatur verloren hat. Zuckerberg, der den Erfolg seines Unternehmens einmal damit erklärte, dass seine Nutzer „dumb fucks“ (Idioten) seien, hat gegenüber dem Senatsausschuss erklärt, dass sein Unternehmen von der Verbreitung von Fake News durch russische Trolle überrascht worden sei. Ob dies auch für das Absaugen von MIlliarden personenbezogener Daten durch Cambridge Analytica und andere App-Entwickler gilt, blieb unklar.
Dies erinnert an die Tatsache, dass auch die National Security Agency bei der weltweiten flächendeckenden Kommunikationsüberwachung zumindest zeitweise die Kontrolle über ihre eigenen Datenverarbeitungssysteme verloren und deshalb die rechtswidrige Ausspähung von US-Bürgern nicht bemerkt hat. Darin war ein doppelter Zauberlehrlings-Effekt zu sehen, denn der Geheimdienst war zuvor bereits der Kontrolle der dafür vorgesehenen staatlichen Institutionen immer wieder entglitten, was durch die Snowden-Enthüllungen unterstrichen wurde.
Ob Zuckerberg aufgrund seines Geschäftsmodells die massenhafte Nutzung der von seinem „Datenstaubsauger“ gesammelten Daten für demokratiegefährdende Zwecke zunächst billigend in Kauf genommen hat (dann wäre die Metapher vom Zauberlehrling zu freundlich) oder ob er schlicht überfordert ist, wird sich noch zeigen. Jetzt aber genügt es nicht mehr, dass das Unternehmen ganzseitige Anzeigen in deutschen Tageszeitungen schaltet und auf die am 25. Mai in Kraft tretende Europäische Datenschutz-Grundverordnung verweist. Jetzt ist es an der Zeit, dass der US-Kongreß dem europäischen Beispiel folgt und ein Datenschutzgesetz für die gesamte Wirtschaft verabschiedet, dass diesen Namen verdient.
Schon 1976 hat der OECD-Experte Hans-Peter Gassmann darauf hingewiesen, dass der Watergate-Skandal zur Verabschiedung des – nur für die US-Bundesverwaltung geltenden – Privacy Act geführt habe. In Europa – so Gassmann – sei der Datenschutz noch nicht so weit entwickelt, weil es dort seinerzeit an großen publikumswirksamen Skandalen gefehlt habe. Der Skandal um Facebook – immerhin bereits der 12. in der Geschichte diese Unternehmens – sollte dazu führen, dass sich endlich eine Mehrheit im Kongreß für ein umfassendes Datenschutzgesetz – nicht nur eine Lex Facebook – findet.
Alexander Dix