„US-Freedom Act“ gescheitert: Vertane Chance

„US-Freedom Act“ gescheitert:  Vertane Chance

Das Gesetz zur Reform der Befugnisse der US-Geheimdienste, der „Freedom Act“ ist gestern im US-Senat knapp gescheitert. Die Republikaner brachten das durch die Demokraten eingebrachte und auch von Präsident Obama unterstützte Gesetzgebungsvorhaben – zunächst – zu Fall, indem sie die Abstimmung über das Gesetz mit ihrer Sperrminorität verhinderten.

Auch wenn der abgelehnte Gesetzentwurf aus Datenschutz- und Bürgerrechtssicht in mancher Hinsicht verbesserungsbedürftig erscheint, hätte er die Geheimdienstaktivitäten gegen US-Amerikaner (und dort lebende Ausländer) deutlich begrenzt und die öffentliche Kontrolle gestärkt. Sein Scheitern zeigt, dass die politischen Entscheidungsträger der USA offensichtlich nicht in der Lage (oder bereit) sind, die notwendigen Konsequenzen aus den auf Edward Snowden zurückgehenden Diskussionen über die außer Kontrolle geratene geheimdienstliche Überwachung zu ziehen. Schade!

Immerhin ist das letzte Wort in Sachen Geheimdienstreform nicht gesprochen. Die zuletzt 2008 verschärften FISA-Regelungen, auf deren Basis die US-Geheimdienste agieren, enthalten eine „Sunset Clause“ und laufen im Juni 2015 aus, wenn der US-Kongress keine neuen Regelungen beschließt. Manche Bürgerrechtler setzen darauf, dass dann die Chance besteht, die Befugnisse der NSA & Co noch weiter zu beschneiden, als im abgelehnten Gesetzentwurf vorgesehen. Es ist zu hoffen, dass sie Recht behalten – für sehr wahrscheinlich halte ich dies angesichts der politischen Situation in den USA aber nicht.

Um was ging es im Einzelnen?

Nach dem Gesetzentwurf sollten insbesondere diejenigen Regelungen des Gesetzes zur Auslandsüberwachung (FISA – Foreign Intelligence Surveillance Act) verschärft werden, die zur innerstaatlichen Überwachung und zum behördlichen Zugriff auf Daten herangezogen werden können. Bekanntlich wurden seit 2001 alle Telefongesellschaften verpflichtet, ihre Verkehrsdaten an den Geheimdienst NSA (National Security Agency) zu übermitteln, wo sie über viele Jahre gespeichert und aufbereitet wurden.

  • Zwar stellte der Gesetzentwurf die mehrjährige Speicherung von Telekommunikationsdaten selbst nicht in Frage, doch sollten diese Daten in Zukunft nicht mehr bei der NSA, sondern bei den Telekommunikationsunternehmen selbst gespeichert werden. Die Herausgabe von Daten sollte an eine richterliche Anordnung geknüpft werden, für die deutlich strengere Anforderungen als bisher vorgesehen waren. Die massenhafte, im einzelnen nicht zu begründende Sammlung von Gegenständen („tangible things“) sollte unterbleiben.
  • Eine zweite wichtige Änderung betrifft den FISA-Court, also das Gericht, das über gezielte Überwachungsmaßnahmen und über die Herausgabe von Daten durch Unternehmen zu entscheiden hat. Während das Gericht seine Entscheidungen bisher nach Anhörung der Regierungs- bzw. Behördenvertreter trifft, sollten zukünftig auch spezielle, auf Datenschutz und Bürgerrechte spezialisierte Anwälte gehört werden. Damit wäre einer der wesentlichen Konstruktionsfehler der Geheimdienstkontrolle – die einseitige Beeinflussung der Entscheidungen durch die Dienste und durch die Regierung – angegangen worden. Zudem sollten die Entscheidungen des FISA-Courts selbst einer gerichtlichen Überprüfung durch einen „ Court of Review“ und letztlich durch den Obersten Gerichtshof zugänglich werden. Schließlich sollten die bisher strikt geheim zu haltenden Entscheidungen des FISA-Courts verstärkt auch der Öffentlichkeit zugänglich werden.
  • Das Instrument der „National Security Letters“ (NSL) sollte reformiert werden. Seit 2001 kann praktisch jeder FBI Agent Unternehmen und öffentliche Stellen ohne gerichtliche Anordnung zur Herausgabe von Daten und sonstigen Informationen verpflichten. Die Empfänger haben die Tatsache und den Gegenstand der Herausgabeanordnung geheim zu halten. Wie inzwischen bekannt ist, wurden NSL in zehntausenden Fällen eingesetzt. Zukünftig sollten NSL nur noch zur gezielten Recherche nach identifizierten Personen ausgestellt werden dürfen. Zudem sollten die Regeln zur Geheimhaltung der Anfragen gelockert werden.
  • Schließlich enthielt der Entwurf  detaillierte Berichtspflichten für die Regierung zu den einzelnen Überwachungsmaßnahmen und die Erlaubnis für die Adressaten von Überwachungsanordnungen – also im wesentlichen für die Telekommunikations- und Internetfirmen -, über den Umfang und die Art der Herausgabeverpflichtungen öffentlich zu berichten.

Mit freundlichen Grüßen

Peter Schaar

Ein Kommentar

    Aus meiner Sicht ist das Problem nicht allein durch politischen Eingriffnahme zu lösen. Es bedarf eines neuen ökonomisch integrierten privacy by design Ansatzes. Eines Ansatzes der die Freiheit des Menschen anerkennt, ihn nicht zu lenken versucht und neue Formen eines Mensch/Firmen Systems ermöglicht.
    Seit mehreren Jahren beschäftige ich mich mit diesem Thema und gerne kann ich mein Wissen und mein Know How zur Verfügung stellen.

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