Spy Barbie und die CeBIT

Pünktlich zur diesjährigen Computermesse CeBIT wird darüber berichtet, dass die Spielzeugfirma Mattel eine neue Version der Barbie-Puppe auf den Markt gebracht hat, mit der man sprechen kann. Die Puppe ist mit einem Mikrophon ausgestattet und kann in das heimische WLAN integriert werden. Die aufgezeichneten Sprachinformationen werden in die Cloud übertragen und dort analysiert, damit die Puppe „sinnvoll“ antworten kann. Technisch ähnelt die neue WLAN-Barbie dem Prinzip automatischer Sprachassistenten wie SIRI, die sich mittlerweile auf den meisten Smartphones befinden. Neu ist allerdings, wie selbstverständlich die Firma davon ausgeht, dass diese Technik ins Kinderzimmer gehört. Bestimmt wird es einige Mütter und Väter geben, die das Angebot begrüßen, denn sie müssen sich dann weniger um die Kleinen kümmern und können die so gewonnene Zeit für sinnvollere Tätigkeiten – etwa für bezahlte Fahrten als UBER-Chauffeure – verwenden. Mit etwas Phantasie ließe sich die Puppe noch aufrüsten: Warum sollte Barbie blind bleiben? Kameraaugen würden hier helfen. Oder wie wäre es, wenn Barbie darauf achtet, dass die Kinder schön brav sind und ansonsten einen Alarm auslöst oder Verstöße selbst – etwa mit kleinen Stromstößen – ahndet? All dies wäre rein technisch heute möglich.

Die Frage ist allerdings, ob es Grenzen für den Technikeinsatz geben und wo sie liegen sollten. Sie stellt sich nicht nur bei der neuen Spielzeugpuppe sondern auch bei vielen anderen Techniken, die im Zuge der Digitalisierung Einzug in unseren Alltag gefunden haben oder finden sollen. Niemals in der Geschichte der Menschheit hat sich eine Innovation so schnell durchgesetzt wie die Computertechnologie – nicht einmal 80 Jahre liegen zwischen ihren Anfängen und ihrer umfassenden Durchsetzung.

Völlig unrealistisch wäre die Erwartung, dass die informationstechnischen Innovationen aufhören oder sich zumindest verlangsamen werden. Insbesondere die technologische Basis wird sich auch weiterhin autonom entwickeln und sie wird nur sehr schwer zu beeinflussen sein. Was hingegen gesteuert werden kann, ist die Ausgestaltung von Geräten und Diensten und vor allem ihr Einsatz. Wir haben also durchaus mehrere Optionen:

Wenn wir auf „Autopilot“ schalten, also den Dingen ihren Lauf lassen, wird die Technik zum bestimmenden Faktor und die Zivilisation wird sich den technischen Prozessen weiter angleichen. Immer leistungsfähigere, „intelligentere“ Technik wird den Menschen aus immer weiteren Feldern verdrängen und in letzter Instanz auch die Steuerung übernehmen. In einer solchen computergesteuerten Gesellschaft wird der Mensch mit seinen Unvollkommenheiten zwangsläufig der schwächere Teil sein. Die Perspektive wäre vielleicht ein Upgrade auf den „Human Body 3.0“, bei dem immer mehr Organe durch chipgesteuerte technische Geräte ersetzt werden, wie dies dem Google-Cheftechnologen Ray Kurzweil vorschwebt. Aus den Menschen würden Cyborgs, Mischwesen aus Computer und Mensch, die in einer Gesellschaft leben, in der die wesentlichen Entscheidungen von Computern getroffen werden.

Wir brauchen eine neue Ethik-Debatte darüber, wie wir mit der digitalen Revolution umgehen wollen und wo Stopp-Schilder oder zumindest Leitplanken aufgestellt werden müssen. Dabei geht es nicht nur um Datenschutz und Privatsphäre, sondern viel allgemeiner um Selbstbestimmung, Menschenwürde und Demokratie. Der „Autopilot“ ist keine sinnvolle Option!

Ihr

Peter Schaar

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