Einer der Väter des Datenschutzes, Adalbert Podlech, hat Geheimdienste als Fremdkörper im Rechtsstaat bezeichnet. In diesem Zusammenhang formulierte Podlech auch den Satz „Nur kontrollierte Macht kann regelgeleitete Macht sein.“. Auch der Bundesnachrichtendienst ist an Gesetz und Recht gebunden. Wie schlecht es um diese Bindung in der Praxis steht, hat jetzt die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit in erfreulicher Deutlichkeit festgestellt. Sie hat – soweit ihr dies gestattet wurde – von ihrem Kontrollrecht Gebrauch gemacht. Dass ihre Kontrolle massiv behindert wurde und deshalb nur unvollständig sein konnte, ist schlimm genug. Aber auch die Kontrollen, die sie durchführen konnte, hatten ein bestürzendes Ergebnis. Der Bundesnachrichtendienst greift bei seiner Überwachung der Telekommunikation und des Internetverkehrs systematisch in die Grundrechte unbescholtener Bürgerinnen und Bürger ein. Darauf hatte es bereits in der Vergangenheit Hinweise gegeben, aber jetzt kann man es Schwarz auf Weiß in nüchtern-juristischer Diktion nachlesen. Der Bundesnachrichtendienst muss die in großem Umfang rechtswidrig erhobenen Daten jetzt löschen. Er sollte nicht darauf vertrauen dürfen, dass der Gesetzgeber rückwirkend oder auch nur für die Zukunft solche Praktiken legalisiert.
Allerdings: In einem Punkt irrt die Bundesbeauftragte für den Datenschutz, die zugleich Bundesbeauftragte für die Informationsfreiheit ist. Ihr „Sachstandsbericht“ über die Rechtsverstöße beim BND ist in seiner Gesamtheit als „GEHEIM“ klassifiziert. Möglicherweise sind einzelne in dem Bericht enthaltene Informationen tatsächlich geheimhaltungsbedürftig (auch wenn der Bericht jetzt in Gänze bei netzpolitik.org abrufbar ist). Aber das Ergebnis ihrer Prüfung, nämlich die festgestellten vielfältigen Rechtsverstöße, und die massive Behinderung ihrer Kontrolltätigkeit darf die Bundesbeauftragte nicht geheimhalten. Sonst würde der Bundesnachrichtendienst endgültig zu einem Fremdkörper in unserem Rechtsstaat.