Informationsfreiheit: Was 2014 ansteht

Die Transparenz staatlichen Handelns bleibt auch im neuen Jahr ein Thema. Ob beim Umgang mit öffentlichen Mitteln, bei der Bankenaufsicht oder im Hinblick auf staatliche Überwachungsmaßnahmen: Geheimniskrämerei ist nicht gut für die Demokratie und sie behindert die rechtsstaatliche Kontrolle staatlichen Handelns. Transparenz ist ohne rechtlich verbu?rgten Informationszugang nicht möglich. Deshalb sind verbindliche rechtliche Anspru?che auf Informationszugang auf der staatlichen und internationalen Ebene erforderlich.

International geht es um die Verankerung der Informationsfreiheit im Völkerrecht, insbesondere durch die Ratifizierung der Tromsö-Konvention des Europarats und den Beitritt weiterer Staaten zur Open-Government-Partnetship:

  • In ihrer Berliner Erklärung vom 20. September 2013 hat die 8. Internationale Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten zur Stärkung der Transparenz auf nationaler und internationaler Ebene aufgerufen und verlangt die Anerkennung eines Menschenrechts auf Informationszugang im Rahmen der Vereinten Nationen. Anknüpfungspunkt eines solchen vökerrechtlichen Anspruchs könnte Artikel19 des Internationalen Pakts u?ber bu?rgerliche und politische Rechte (Zivilpakt, ICCPR) sein, der festlegt, dass alle Menschen ungehinderte Meinungsfreiheit genießen sollen, einschließlich der Freiheit, sich u?ber Staatsgrenzen hinweg Informationen zu beschaffen, zu empfangen und weiterzugeben
  • Die Chance besteht, dass 2014 die Konvention des Europarats u?ber den Zugang zu amtlichen Dokumenten vom 18. Juni 2009 (Tromsö-Konvention)  , das erste verbindliche internationale Rechtsinstrument wird, in dem Regelungen fu?r das Recht auf Informationszugang bei staatlichen Stellen völkerrechtlich verbindlich getroffen werden. Dazu ist es allerdings notwendig, dass mindestens zehn Staaten die Konventioon ratifizieren. Bisher haben dies jedoch erst sechs Staaten getan (Bosnien und Herzegovina, Ungarn, Litauen, Montenegro, Norwegen und Schweden). Die Bundesrepublik Deutschland gehört zu den Staaten, die der Konvention bisher nicht beigetreten sind. Die neue Bundesregierung hätte hier eine gute Chance, die Informationsfreiheit auf internationaler Ebene ein gutes Stück voran zu bringen.
  • Deutschland ist bisher auch kein Mitglied er Open Government Partnership (OGP), in der sich die teilnehmenden Staaten verpflichten, verbindliche Regeln zur Transparenz und bürgernahen Politik zu schaffen und einzuhalten. Immerhin hat die Große Koalition vereinbart, dass Deutschland der OGP beitreten soll. Dieser Ankündigung müssen bald Taten folgen. Es ist zu hoffen, dass der zuständige Bundesinnenminister hier konkrete Schritte unternimmt.
  • Auch Geheimdienste dürfen sich dem Anspruch auf Transparenz nicht verweigern. Gerade weil ihre Tätigkeit tief in Grundrechtspositionen der Bu?rgerinnen und Bu?rger eingreift, ist auch hier eine öffentlich nachvollziehbare rechtsstaatliche Kontrolle erforderlich. Damit ist es nicht zu vereinbaren, diesen Bereich gänzlich vom Recht auf Zugang auf Informationen auszunehmen, wie dies etwa im Informationsfreiheitsgesetz des Bundes geschieht.

Aber auch in Deutschland bleibt viel zu tun, um Transparenz staatlichen Handelns zu verbessern, wie etwa die Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten kürzlich festgestellt hat:

  • Der Anspruch auf freien Zugang zu amtlichen Informationen gehört in das Grundgesetz und in die Landesverfassungen. Nur so lässt sich gewährleisten, dass der Informationszugangsanspruch in der Abwägung mit konkurrierenden Rechtsgütern – etwa dem Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen – nicht auf der Strecke bleibt.
  • Die immer noch bestehenden weißen Flecken auf der Landkarte der Informationsfreiheit – in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen und Sachsen gibt es immer noch keine Informationsfreiheitsgesetze – müssen endlich geschlossen werden. Die Landesregierungen und -parlamente sollten dabei die Chance nutzen, direkt zu den Ländern mit fortschrittlichen Transparenzregeln – etwa Hamburg – aufzuschließen und sich nicht mit einer Minimallösung begnügen.
  • Die Informationsfreiheitsgesetze des Bundes und der Länder sollten im Sinne eines Transparenzgesetzes mit umfassenden Veröffentlichungspflichten nach den Open-Data-Grundsätzen weiterentwickelt werden.
  • Aus der im Auftrag des Bundestags erfolgten Evaluation des Bundesinforma-tionsfreiheitsgesetzes müssen die notwendigen Konsequenzen gezogen werden. Dabei sollten die zahlreichen Ausnahmeregelungen auf das verfassungsrechtlich zwingend gebotene Maß begrenzt werden.
  • Menschen, die über Rechtsverstöße und Missstände im öffentlichen und nicht-öffentlichen Bereich berichten (Whistle Blower), müssen entdlich auch in Deutschland effektiv vor Diskriminierung und Strafverfolgung geschützt werden.

Für diejenigen, die sich ernsthaft für mehr Transparenz einsetzen, gibt es also allerhand zu tun. Packen wir es an!

Ihr
Peter Schaar

3 Kommentare

    Erst mal Dank für dieses Forum und den Info-Blog und alles Gute für die Interessierten für 2014 und viel Erfolg.
    Abgesehen von den vorgestellten Tasks und Schwerpunkten sehe ich einen leider immer wieder vernachlässigten Bereich in der Informationsverteilung. Eine mehrjährige Teilnahme an ZeDis Programmen hat mir gezeigt, wie wichtig eine Umsetzung gerade dieser essentiellen Fragestellungen in sog. Leichte Sprache darstellt. Mit Sicherheit eine Herausforderung, denn es ist viel leichter auf gewohnter Basis über derartige Themen zu sprechen als es für die breite Masse verständlich zu machen. Ich rege damit eine Umsetzung in leichte Sprache an! Die Problematik politischer Information ist ja Verklausulierung, bürokratische Sprache, also eine Sprachebene, die keiner verstehen soll und viele nicht verstehen.

    Sehr geehrter Herr Schaar,
    ich empfinde Ihre Veröffentlichungen als Heuchelei, weil Sie sich auch bezüglich meiner Recherchen über die Geheimakte 4121 E-III 372/98 beim NRW-Justizministerium im Mai 2010 verweigert haben. Ich musste mittlerweile Deutschland aus Selbstschutz fluchtartig verlassen, damit mir nicht das gleiche Schicksal wie Gustl Mollath widerfährt.

    Mit dieser obigen Geheimakte beim NRW-Justizministerium wurde seit 2002 vertuscht, dass ein Solarverkäufer und sein Anwalt mit dem Richterprivileg jahrelang grundgesetzwidrig straffreigestellt wurden, um einen Urteilsfehler des OLG Hamm vom 04.07.2001 zu Gunsten der Solarthermiewirtschaft zu vertuschen. Da mir 5 der 198 vom NRW-Justizministerium geheimgehaltenen Seiten der Akte 4121 E-III 372/98 aber mittlerweile durch glückliche Zufälle trotzdem vorliegen, kann ich die obige Behauptung auch mittlerweise beweisen.

    Mittlerweile muss auch TRANSPARENCY INT DEUTSCHLAND in den eigenen Reihen ermitteln, weil auch dort langjährige „Transparenz-Heuchler“ aktiv sind, die Aufklärungen in der Vergangenheit verhindert haben, und stattdessen heute scheinheilig propagieren, man müsse Whistleblower (angeblich) schützen.

    Mit freundlichen Grüßen
    Rainer Hoffmann
    Solarkritiker im Exil

    Ja packer wir’s an, dass 5 Bundesländer kein IFG haben:

    Durchsetzung des Menschenrechtes auf Zugang zu amtlichen Dokumenten in Bayern

    Europarat und Vereinte Nationen sichern den Zugang zu amtlichen Dokumenten in Menschenrechtskonventionen und bieten Möglichkeiten nach Ausschöpfung des innerstaatlichen Rechtswegs gegen Verletzungen zu klagen. In 5 Bundesländern fehlt dieses Menschenrecht. Auf dem 10. Ostsee-NGO Forum wurde im Vortrag „Die Rolle internationaler Gesetzgeber und ihr Einfluss auf die nationale Gesetzgebung über Informationszugang“ am 24.4.2012 Teilnahme am Universellen Periodischen Überprüfungsverfahren und eine Verpflichtungsklage vorgeschlagen. Deshalb wurde am 14.7.2012 beim Verwaltungsgericht München gegen den Freistaat Bayern geklagt. Am 25.07.2013 wurde der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen die Ablehnung gestellt. Am 14.2.2014 lehnte der Bayer. Verwaltungsgerichtshof die Zulassung der Berufung ab. Dagegen wird nun eine Verfassunsgbeschwerde fällig.

    http://home.broadpark.no/~wkeim/files/durchsetzung_informationszugang.html

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