Die ablehnende Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu einem umfassenden Auskunftsrecht gegenüber der SCHUFA hat erhebliche Konsequenzen. Letztlich geht es darum, ob der Datenschutz auch dort greift, wo auf Grund („bloß“) statistischer Zusammenhänge auf individuelles Verhalten geschlossen wird. Denn auch solche statistische Bewertungen ziehen erhebliche persönliche Konsequenzen nach sich, etwa ob ein Kredit vergeben wird. Auch auch bei der existentiellen Frage, ob ich als Mieter akzeptiert werde, kann der Scorewert eine Rolle spielen. Der SCHUFA-Score funktioniert dabei ähnlich wie Big Data-Anwendungen, die uns tagtäglich und überall in unserem Alltag beobachten und bewerten.
Die SCHUFA beschränkt sich seit langem nicht mehr darauf, Banken vor „schwarzen Schafen“ zu warnen, die ihre Kredite nicht ordnungsgemäß zurückgezahlt haben. Vielmehr werden alle möglichen Informationen ausgewertet, um die Kreditwürdigkeit eines (potentiellen) Kunden mittels eine Kopfnote (Scorewert) zu beurteilen. Der auf der Grundlage eines mathematisch-statistischen Verfahrens errechnete Scorewert soll Banken, Versandhändlern, Telekommunikationsunternehmen und Vermietern die Wahrscheinlichkeit des künftigen individuellen Zahlungsverhaltens offenbaren.
Selbst wer überhaupt niemals einen Kredit aufgenommen oder ihn pünktlich zurückgezahlt hat, kann einen schlechten Scorewert erhalten. Denn Faktoren wie Alter, Geschlecht oder Wohnort, die Dauer eines Arbeitsverhältnisses können den Scorewert negativ beeinflussen.
Dabei greift das „Scoring“ immer weiter um sich: Unser Surfverhalten im Internet wird bewertet, um uns passende Werbebotschaften zuzusenden („Behavioral Targeting“), Versicherungen werten aus, wie wir mit dem Auto unterwegs sind und berechnen auf dieser Grundlage unsere Policen („Pay as you drive“) und US-Sicherheitsbehörden bewerten Fluggastdaten, Telefon- und Internetdaten, um potentielle Terroristen ausfindig zu machen. Bei solchen „Big Data“-Verfahren können wir immer weniger selbst über die Preisgabe und Verwendung unserer Daten bestimmen.
Hier brauchen wir zumindest umfassende Transparenz. Zwar müssen uns Kreditauskunfteien seit 2010 einmal im Jahr einen kostenlosen „Kontoauszug“ über die gespeicherten Daten geben. Auch haben sie uns über wesentliche Faktoren zu informieren, die in Scorewerte eingeflossen sind. Das Urteil des Bundesgerichtshofs verdeutlicht aber, dass dies nicht ausreicht. Der BGH hat nämlich festgestellt, dass die SCHUFA über die „Scoreformel“, also die Gewichtung und Berechnung der Scorewerte, keine Auskunft erteilen muss, weil es sich dabei um ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis handelt. Deshalb muss jetzt der Gesetzgeber hier für die notwendige Transparenz sorgen. Nicht nur die beim Scoring verwendeten Daten müssen offengelegt werden, sondern auch, wie daraus eine Kopfnote wird.
Dies ist eine schöne und wichtige Aufgabe für den neuen Bundesjustizminister Maas und seine beiden dem Verbraucherschutz verpflichteten Staatssekretäre Billen und Kelber.
BMJ über nehmen Sie!
Ihr
Peter Schaar