Die in den gegenwärtigen Koalitionsverhandlungen für Digitales zuständige Arbeitsgruppe hat vorgeschlagen, die Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit künftig in „Bundesbeauftragte für Datennutzung“ umzubenennen. Damit soll offenbar zum Ausdruck gebracht werden, dass der Schwerpunkt künftig weniger auf dem Schutz der einzelnen Bürgerinnen und Bürger vor den Risiken der Datenverarbeitung als vielmehr auf den mit einer möglichst uneingeschränkten Datennutzung verbundenen Chancen liegen soll.
Dennoch ist die angedachte Umbenennung aus mehreren Gründen eine schlechte Idee.
Der Bundesgesetzgeber hat 1977 die Instanz des Bundesbeauftragten für den Datenschutz geschaffen und mit der Aufgabe betraut, die Einhaltung des Datenschutzes durch Bundesbehörden zu kontrollieren. Diese Aufgabe erstreckt sich seit der Privatisierung von Post und Telekommunikation auch auf Unternehmen in diesem Bereich sowie auf die Ersatzkassen und Arbeitsagenturen. Zugleich berät der (inzwischen: die) Bundesbeauftragte auch die Bundesregierung und den Bundestag sowie alle anderen Bundesbehörden bei der Frage, wie der Datenschutz in den jeweiligen Bereichen verbessert werden kann. Alle Bundesbeauftragten für den Datenschutz seit 1977 haben sich nicht darauf beschränkt, Rechtsverstöße festzustellen und zu beanstanden, sondern sie haben immer auch Lösungsvorschläge gemacht, wie personenbezogene Daten datenschutzgerecht genutzt werden können (falls dies erforderlich ist).
Vor allem aber hat das Bundesverfassungsgericht den Datenschutzbeauftragten in Bund und Ländern die Aufgabe des vorbeugenden Grundrechtsschutzes zugewiesen, denn die Bürgerinnen und Bürger, deren Daten genutzt werden sollen, können immer weniger durchschauen, wer wann was über sie weiß. Darauf aber haben sie ein verfassungsrechtlich verbrieftes Recht.
Schließlich hat auch der Europäische Gesetzgeber alle Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, unabhängige Aufsichtsbehörden einzurichten, die die Einhaltung der Datenschutz-Grundverordnung überwachen sollen. Deren erster Satz (EG 1) lautet: „Der Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten ist ein Grundrecht.“
Ein vergleichbares allgemeines Grundrecht auf Datennutzung gibt es dagegen nicht. Aufgabe des Datenschutzes und der Datenschutzbeauftragten ist es allerdings, das Grundrecht auf Datenschutz mit anderen Grundrechten abzuwägen. Dazu bedarf es keiner Umbennnung.
Diese ist auch aus einem anderen Grund abzulehnen: die Bundesbeauftragte ist nicht nur für den Datenschutz, sondern seit 2002 auch für die Informationsfreiheit zuständig. Diese Aufgabe würde bei einer Umbennenung unter den Tisch fallen, obwohl sie immer wichtiger wird. In Großbritannien heißt die entsprechende Behörde mit Zuständigkeit für Datenschutz und Informationsfreiheit übrigens „Information Commissioner“.
Es gibt gleichwohl gute Gründe für eine Umbenennung: der Begriff des Datenschutzes ist seit jeher als irreführend kritisiert worden, weil er den Eindruck erweckt, Daten würden um ihrer selbst willen geschützt. Tatsächlich geht es um den Schutz der Grundrechte von Menschen bei der Verarbeitung ihrer Daten (s.o.). Deshalb wäre ein besserer neuer Name für die Bundesbehörde, um die es hier geht: „Bundesbeauftragte(r) für den Grundrechtsschutz von Personen bei der Datenverarbeitung und beim Informationszugang“.
Dr. Alexander Dix, LL.M.